„Warum bietest Du kein HipHop an? Das ist so cool!“
Coole Musik, noch coolere Klamotten und ein paar Jungs die mit ihren Spins und akrobatischen Einlagen für eine gute Show sorgen. Natürlich fühlt man sich als Teenager in weiten Schlapperklamotten auch wohler als in enganliegenden Strumpfhosen und einem Ballett-Trikot. Auch Jungs kann man leichter in den Unterricht locken, wenn Hip-Hop oder Street-Dance draufsteht. Warum weigere ich mich als Unternehmerin dann gegen diese gewinnbringende Ergänzung in meinem Stundenplan?
Vielleicht liegt es daran, dass ich sehr gerne eine Frau bin. Ich liebe meine hohen Schuhe und meine engen Kleider. Ich liebe hübsche Frauen und hübsche Mädchen mit guter Körperhaltung in hohen Schuhen und schönen Kleidern.
Und ich finde es einen Grauß, was ich schon auf so mancher Abschlussfeier der Schule meiner Kinder, auf High-Heels im Minikleid daher stöckeln hab sehen müssen. Was man da mit ein bisschen besserer Körperhaltung schon alles erreichen könnte!
Vielleicht liegt es auch daran, weil Ballett so harte Arbeit ist. Es dauert Jahre bis ein Tondue aussieht wie ein Tondue. Perfekt ist es nie. Es braucht viel
Willen, Disziplin, Ehrgeiz und Schweiß bis man die ersten erkennbaren Erfolge erzielt. Manchmal habe ich das Gefühl, bei den Schülern geht nichts voran und dann plötzlich schließe ich am Abend
mein Studio ab mit dem Gedanken im Kopf: "Wow, Magdalena ist jetzt aber auch ganz schön gut geworden!"
Und ich stelle die Gegenfrage:
Warum sollte man die Arbeit der letzten Jahre für zu große Hosen, zu lange Pullover und Hängeschultern über Bord werfen?
Die „Coole Körperhaltung“ arbeitet komplett gegen die Platzierung, an der man im Ballett über Jahre arbeitet.
Im Jazz-Dance dagegen baue ich genau auf dieser Technik auf.
Die gerade aufgerichtete Wirbelsäule, gestreckte Knie und Fußspitzen sind auch im Jazz-Dance ein absolutes Muss. Aus Plies, Tondues und Jetès lernen wir auf Musik aus den Charts eine schöne kleine Abfolge und ein ergänzender Tanzteil macht daraus ein unterhaltsames Warm up. Von der Seite arbeiten wir an Drehungen, Sprüngen und hohen Beinen und brauchen die Körperspannung, die Auswärtsdrehung der Beine und die stabile Mitte wie im Ballett-Unterricht.
Wenn jetzt nach jahrelangem Ballett-Training die Frage oder der Wunsch nach was neuem oder nach Veränderung aufkommt oder eine zweite Stunde Ballett nicht, aber zusätzliches Training schon erwünscht ist, schicke ich diese Kinder ins Jazz-Dance.
Die Körperhaltung wird weiter gefördert, die Technik vertieft und ist plötzlich auch cool. Im Jazz-Dance wird mehr wert aufs Tanzen gelegt und weniger am kleinen Finger gefeilt. Abwechslungsreiches Schrittmaterial als Kombination von der Seite oder Choreographie in der Mitte ergänzen das Training.
Jugendliche, die mit dem Ballett aufhören wollen, erleben hier einen neuen Sinn in den 1000 Tondues und Grande Battements der letzten Jahre und sind somit auch im Ballett-Unterricht wieder motivierter und fleißiger am Arbeiten.
Und für mich als Pädagoge ist die Investition der letzten Jahre nicht verloren, sondern ich freue mich nun über eine fortgeschrittene Jazz-Dance-Gruppe mit denen ich phantastische Show-Tänze und Choreographien erarbeiten kann.